An dem Mittwoch zuvor war ich beim Orthopäden und er gab mir zwei neue Spritzen, die eventuell Probleme nach sich ziehen könnten.
Zwei Stunden später hatte ich das Gefühl, mir sticht jemand einen Dolch in den Hals. Diese-Dolch-Attacke hatte ich eine Stunde, dafür ruft man ja keinen Rettungswagen. Am Donnerstag, Freitag und Samstag das gleiche Spiel mit gleicher Dauer. Am Sonntag hatte ich dann 6 Attacken hintereinander, das war übel.
Am Montagnachmittag war ich zum letzten Vorgespräch beim Handchirurgen, die OP sollte am Dienstag stattfinden. Zuhause hatte ich wieder so eine Attacke, also blieb das Auto stehen und ich rief ein Taxi. Dort fing die 2. Attacke an ... in der Praxis (ich liebe ambulante OPs, denn ich bin gern zuhause) trank ich zum ersten Mal kaltes Wasser. "Mein" richtig guter Handchirurg kam, sah mich und fragte, was los sei - "nur Halsschmerzen" war meine Antwort und ich versuchte, das Gespräch auf die anstehende OP zu lenken (exakter Zeitpunkt und eine letzte Unterschrift zur Narkose waren noch ungeklärt). Es war noch ein zweiter Arzt anwesend, der sich zusätzlich auf diese Form der Nerven-Handchirurgie spezialisieren wollte. "Mein" Handchirurg kennt mich seit drei Jahren und wollte nicht zum "richtigen" Thema, er blieb bei meinen Halsschmerzen. Er fragte, wo es genau weh tut, was noch alles weh tut (Kiefer und Ohren) und beschloss, mich zum Internisten zu schicken. Er war sich sicher, dass ich ein Herzproblem habe und wollte sofort ein EKG. Der andere Arzt musste mich die paar Meter begleiten. Der Internist wartete schon mit seiner Assistentin, ab auf die Liege, ran ans EKG, alles im Blitztempo - und dann drehte er den Monitor von mir weg und sagte "Sie haben einen Herzinfarkt und schweben in akuter Lebensgefahr!"
Meine Reaktion: Lautes Lachen und der Satz "Ich doch nicht, dafür bin ich doch gar nicht der Typ!" Der arme Internist war irritiert und fragte, wer denn der Typ dazu sei - ich: aufbrausende Typen etc., aber ich habe doch ein sonniges Gemüt und lächelte dabei. Er: "Manchmal frisst man zu viele Probleme in sich hinein oder hat eine erbliche Veranllagung." Doppeltreffer ...
Danach ging alles so schnell, dass ich die Reihenfolge kaum mitbekam. Er legte mir eine Multi-Kanüle an, befestigte sie sehr gut, spritze mir Blutverdünner, Morphium etc. und der andere Arzt gab mir Nitrospray, da stand dann auch schon der Notarzt mit den Sanitätern in der Tür. Das nächste Krankenhaus ist von da aus keine 500 m entfernt, aber die Ärzte waren sich sofort einig: Universitätsklinikum - einige km entfernt. Dahin wollte ich überhaupt nicht, da dort immer noch meine ehemaligen, sehr neugierigen IT-Mitarbeiter sind, die Datenschutz schreiben, aber bei Bekannten gar nicht einhalten können. Erklärung folgte prompt: "Ihre einzige Chance zu überleben ist das UKA!"
Diskussion hin und her (ich war zwar nett, aber fürchterlich störrisch - ein Esel wäre wohl zugänglicher gewesen - arme Ärzte :-) ), natürlich passierte das, was sie wollten. Immerhin durfte ich mir mindestens 10 x anhören, dass ich sonst keine Chance habe, ich in akuter (später: in akutester) Lebensgefahr schwebe ... arme Ärzte, ein "Klappe halten, wir sind die Experten" wäre bei mir wohl angebracht gewesen.
In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so gut behandelt worden! Niemand hat meine Hand getätschelt oder mich wie ein Kind behandelt, sie haben mich sehr gut informiert und aufgeklärt. Als ich im Schnelltempo (sie sind tatsächlich mit meiner Liege und mir in den OP gerannt!!!!) in den Herz-OP gebracht wurde, wartete der kardiologische Chirurg bereits fertig desinfiziert und angezogen auf mich. Ein kurzes "Sorry, keine Zeit für eine örtliche Betäubung" und es ging los. Dillatation und Stent - der DES-Stent sitzt hervorragend und es ist nur wenig Herzmuskel abgestorben! Auf der Kardio-ITS waren auch nur sehr freundliche Persönlichkeiten, eine leise Bitte und sie erfüllten sie sofort und fragten, ob sie nicht noch mehr tun könnten. (Was ist bitte der Superlativ von mega-freundlich und kompetent und aufopfernd?)
Das muss ich doch einfach als wunderbare Erfahrung speichern, oder?
Bei einigen Ärzten konnte ich mich schon entschuldigen und bedanken ...
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